Wenn Hitze zur Weltlage wird

01. Juli 2025

Es ist heiß. Unerträglich heiß. Während ich diese Zeilen schreibe, klettert das Thermometer auf fast 35 Grad. Der Asphalt flimmert. Die Stadt wirkt wie in Watte gepackt, als wolle sie sich gegen sich selbst isolieren. Menschen schleppen sich durch den Tag. Und in mir wächst ein Gedanke, der schwerer wiegt als die Hitze: Vielleicht ist das nicht nur ein Wetterphänomen. Vielleicht ist es ein Symptom. Ein Zustand. Eine Metapher.

Denn während sich unsere Städte aufheizen, scheint sich auch die Welt entzündet zu haben. Kriege, Aufrüstung, ökonomische Konfrontationen, Hass gegenüber Migranten: Das globale Klima ist in jeder Hinsicht aufgeheizt. Und inmitten all dieser Krisen sprechen wir davon, dass wir uns „anpassen“ müssten. Ein Begriff, der zugleich Hoffnung und Resignation in sich trägt.

Aber was heißt das eigentlich – anpassen? Heißt es, zu akzeptieren, dass Sommernächte keine Abkühlung mehr bringen, sondern Erschöpfung? Dass unsere Schlafzimmer über 30 Grad heiß bleiben, während draußen die Straßen zu flüssigem Asphalt werden? Heißt es, Ventilatoren und Klimaanlagen aufzustellen und weiterzumachen, als sei das normal? Oder bedeutet Anpassung mehr eine Neuverhandlung unseres Lebensstils, unserer Städte, unserer Politik?

Die Wissenschaft ist längst klar: Die Zahl hitzebedingter Todesfälle nimmt zu. Allein in Deutschland sterben jeden Sommer Tausende Menschen an den Folgen extremer Wärme. Und dennoch begegnet man diesen Fakten häufig mit einem Schulterzucken, oder schlimmer: mit dem Vorwurf der Panikmache. Dabei ist es keine Panik, wenn man erkennt, dass ein System an seine Grenzen kommt. Es ist Vernunft.

Was mir in diesen Tagen auffällt, ist ein Widerspruch, der schwer auszuhalten ist: Wir wissen mehr denn je über Ursachen, Zusammenhänge, Folgen. Und gleichzeitig scheint kollektives Handeln immer schwieriger zu werden. Vielleicht, weil wir unsere Vorstellungskraft über Jahrzehnte auf Wachstum, Fortschritt und technologische Machbarkeit ausgerichtet haben. Für Rückbau, Verzicht, Umkehr fehlt uns oft das Vokabular.

Ich sehe mir gerne die Vorträge von Dr. Marc Benecke zum Klimawandel an – „Time is up“, sagt er. Und ja: Manchmal fühlt es sich genauso an. Als sei die Zeit tatsächlich immer stärker merklich abgelaufen für große globale Einigungen, für multilaterale Klimaziele. Als hätten sich Hitze und Hilflosigkeit verbündet.

Und doch. Vielleicht liegt im kleinen Handeln noch eine Kraft, die nicht unterschätzt werden darf. In der Stadt Dachau, in der ich lebe, können wir beginnen: mit Schatten, mit Grün, mit Schutzräumen für jene, die der Hitze nichts entgegenzusetzen haben. Vielleicht ist Anpassung weniger ein technischer Begriff, sondern mehr ein sozialer. Die Frage, wie wir zusammen in einer veränderten Welt leben wollen, ohne uns gegenseitig zu überhitzen.

Was ich aus dieser Hitze mitnehme: Dass wir aufhören müssen, uns selbst zu belügen. Die Erde wird heißer. Und wir sind mittendrin. Es geht nicht um Panik. Es geht um Menschlichkeit. Um den Anspruch, in einer Welt zu leben, in der nicht Gleichgültigkeit überlebt, sondern Fürsorge.

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